Montag, 8. Juli 2013

Granitabenteuer am Moine Südgrat

Die Aiguille Moine ist ein bei uns eher unbekannter Granitzacken von knappen 3500 Metern Höhe. Er liegt aber inmitten des vielleicht eindrücklichsten Gletscherkessels der Alpen, nämlich hoch über dem Mer de Glace, direkt gegenüber der Grandes Jorasses auf der linken, und den Aiguilles de Chamonix auf der rechten Seite. Im Hintergrund thront der Mont Blanc. Diese prominente Lage hat ihn sogar mal auf die Titelseite eines "die Alpen" gebracht. Seit diesem Titelbild war die Tour auf meiner Wunschliste, jetzt, Anfangs Juli 2013, sollte es endlich klappen. Und so fahren Corina und ich am Freitagnachmittag nach Chamonix, wo wir uns auf dem Hauptplatz bei einem feinen Salat und dem Anblick der im Abendrot glühenden Blaitiere auf zwei wunderbare Tage einstimmen. 
Angedacht war, dass wir am Samstag die Route "Le Joyau et le Lotus" an den Flammes de Pierre klettern. Allerdings war bald klar, dass dieser Plan zusammen mit dem Zustieg und dem Weiterweg zur Couvercle-Hütte etwas zu ambitioniert ist. Deshalb belassen wir es dann bei einer gemütlichen Wanderung über die Balcons de Mer de Glace zur Hütte.
Die Hüttennacht ist soweit ok, ausser dass natürlich die Verte-Aspiranten bereits um Mitternacht aufstehen und dann eigentlich kontinuierlicher Betrieb in der Hütte ist. Wir haben den Wecker auf die 4 gestellt, kurz vor fünf gehen wir los. Ein grosser (und sehr langer) Tag kündet sich an!
Der Zustieg zur Rampe geht problemlos, bereits eine halbe Stunde später stehen wir am Bergschrund. Dieser lässt sich entweder links im Fels, oder rechts durch eine sandige Rinne überwinden. Die ersten zwei Seillängen auf der Rampe klettern wir mit den Steigeisen, weil es einige pickelharte, steile Schneefelder zu traversieren gibt. Ein typischer Kaltstart nach Chamonix-Art! Nach der Rampe wird das Gelände insgesamt freundlicher, leichte Bänder wechseln ab mit kurzen, aber teilweise recht harten Kletterstellen. Auch ist es nicht immer offensichtlich, wo der Weg durchführt, wobei es wohl auch nicht 'der leichteste Weg' gibt. Hier sind wir bereits im grossen Couloir, welches auf den Grat führt.
Einmal auf dem Grat angekommen spielt sich die interessante Kletterei meist auf den Westseite ab, was etwas den Nachteil hat, dass die Fotos schwierig zu belichten sind. Infolgedessen habe ich leider kaum Bildmaterial. Jedenfalls quert man zuerst auf einem mit dem Schnee etwas mühsamen Band nach links, klettert dann zwei kurze Seillängen in einer Rissverschneidung hoch, wobei die letzten 4 Meter mit etwa 5c die Schwierigsten sind. Über ein Band und eine leichte Verschneidung gelangt man zum fotogenen grossen Felstisch.
Weiter über ein Band, welches man teils kriechend auf der Westseite überwindet. Es folgt die wohl nominell schwierigste Seillänge, eine coole Rissverschneidung, gefolgt von einem V-Kamin. V-Kamin? Halt so ein Monster, wo man sich mit dem Körper reinpressen muss und sich - auf die mässige Reibung von Knien und Rucksack vertrauend - hochschrubbt. Sich immer auf der Westseite haltend, gelangt man über weitere, etwas leichtere Seillängen zurück auf den Grat. 
Es folgt dann noch ein kurzes, aber recht deftiges Wändchen, bis sich der Grat endgültig zurücklegt. Von hier wären es noch etwa 50 Höhenmeter auf den Gipfel. Wären, denn uns wird bewusst, dass, wenn wir heute noch zurück nach Zürich wollen, wir absteigen müssen. Es ist schon zwölf Uhr, und der Abstieg wird noch einige Zeit kosten. 
Das tut er tatsächlich. Faktisch klettert man 500 Höhenmeter anhaltend ab - das zehrt und braucht Zeit, auch wenn es nicht mehr als ein Zweier ist. Aber irgendwann ziehen wir das Seil von der untersten (und fast einziger) Abseilstelle ab, und 15 Minuten später sind wir schon in der Hütte. Wobei, die Tour ist noch nicht fertig, es warten immer noch die längsten und steilsten Leitern im Mont Blanc Massiv auf uns...
Als wir endlich, um halb zwölf Uhr nachts zuhause ankommen, spüren wir den Tag in jeder Faser des Körpers!

Facts:
Aiguille Moine, Südgrat, S-, 5c

Schöne Klettertour in genialer Umgebung. Die Schwierigkeiten sind zwar nur kurz und nicht anhaltend, aber man klettert eigentlich konstant vom ersten bis zum letzten Meter. Zusammen mit dem Abstieg, bei dem grosse Konzentration und Effizienz im Granitschrofengelände gefragt ist, eine recht lange und kräftezehrende Unternehmung. Sicher in keiner Form zu vergleichen mit den netten "Granitgrätchen" am Furka oder bei der Göscheneralp.

Material:  Pickel, Steigeisen, reduziertes Set Friends und Keile (in den schwierigen Stellen hat es altes Fixmaterial)

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